Sag Luder zu mir

2001 – das zweite Buch ist immer das Schwerste:
Gute Mädchen sagen Dankeschön, böse flüstern 1000 heiße Worte

In der Verfilmung von Garp und wie er die Welt sah, sagt ein Verleger zu Robin Williams: „Schreiben kann man immer, nur beim Verlegen kommt es aufs Timing an“. Ungeplant und ohne Werbung waren die Guten Mädchen ein Verkaufserfolg geworden; das Timing stimmte. Zwar waren die Tische in den Buchläden noch nicht so überbordend ausgestattet, aber der Trend hatte begonnen, das Ergebnis ist heute in jedem Thalia oder Hugendubel zu bewundern, wo nichts mehr verschwiegen wird.
In „Sag Luder…“ geht es im ersten Drittel um verbale Erotik, all die funkelnden Zweideutigkeiten, die Worte der Liebe, des Begehrens und um Kommunikationsmuster zwischen Mann und Frau, über was Jungs eigentlich unter sich reden (Und über was Frauen, holla!) und wie man es schafft, zu sagen, was man will. Aber um das Thema nicht redundant auszuwalzen, schrieb ich über Verklemmtheit und wie gut sie uns manchmal tut, über Einsamkeit und Sehnsucht, über Tabus und Hormone, über Sexblätter und ihre verfehlte Aufklärung, über den „neuen Mann“, über die Waffen der Frauen und über Liebe auf Distanz – und warum ein nächtliches Pusten im Rücken mehr Unheil anrichten kann als ein Strapsensemble wieder richten.
Und ich hatte etwas entdeckt: Ich wollte Männer und Frauen zueinander bringen, anstatt sie mit Vorurteilen, Verachtung oder Gender-Blabla auseinander zu definieren. Es war für mich ein Aha-Moment, als ich in einer Hamburger Buchhandlung drei junge Männer belauschte, wie sie an der „Sexecke“ standen und einer zu seinen Kumpeln sagte: „Hier, die West, die könnter lesen, die ist nicht so gegen Männer.“
Danke, Jungs. Der kleine Satz hat mich wach gerüttelt.
Dennoch: Ich war 26, und ich stieß an meine inneren Grenzen: Wer war ich denn, dass ich anderen sagen wollte, wie es geht? Ich hoffte, dass Leser meine Bücher so sahen: Als Gedankenkirmes, als Unterhaltung, als Stimme einer einzigen frau – aber nicht als Weisheits allerletzter, in Stein gemeißelter Schluss. Dafür ist das Leben zu voll mit Ausnahmen.